Die missbräuchliche Kündigung und ihre Rechtsfolgen

Grundsätzlich können Arbeitsverträge unter Berücksichtigung der Kündigungs- und gesetzlichen Schutzfristen jederzeit aufgelöst werden. Die Kündigungsfreiheit wird jedoch durch das Verbot des Rechtsmissbrauchs eingeschränkt. Auch eine missbräuchliche Kündigung beendet in aller Regel das Arbeitsverhältnis, aber es entsteht ein Entschädigungsanspruch.

Wann ist eine Kündigung missbräuchlich?

In Art. 336 Obligationenrecht wird eine Reihe von Tatbeständen aufgeführt, nach denen eine Kündigung missbräuchlich ist. Diese Liste ist nicht abschliessend und wird durch die Rechtsprechung stetig erweitert. Die missbräuchliche Kündigung kann von beiden Parteien ausgehen. In der Praxis ist es aber überwiegend die Arbeitnehmerseite, die Missbräuchlichkeit geltend macht.

Eine Kündigung ist namentlich dann missbräuchlich, wenn der Kündigungsgrund in persönlichen Eigenschaften der gekündigten Person liegt, ohne dass diese sich direkt auf das Arbeitsverhältnis oder die Arbeitsleistung auswirken. Ebenfalls missbräuchlich ist die Kündigung, wenn sie ausgesprochen wird, um berechtigte Ansprüche der Gegenseite zu vereiteln.

In der Praxis erfolgen Kündigungen nicht selten wegen Konflikten zwischen Angestellten. Dabei sollte sich die Arbeitgeberin stets bewusst sein, dass eine solche Kündigung missbräuchlich sein kann, wenn nicht zuerst versucht wurde, den Konflikt mit milderen Massnahmen zu lösen (BGE 4A_224/2018).

Arbeitgeber haben ausserdem eine Fürsorgepflicht gegenüber ihren Angestellten. Gestützt darauf sind Arbeitgeber angehalten, ihre Rechte gegenüber besonders schutzwürdigen Arbeitnehmenden schonend auszuüben. Eine Kündigung nach langjähriger Dienstzeit und kurz vor der Pensionierung kann demnach missbräuchlich sein, wenn sie ohne besonderen Grund und ohne vorherige Anhörung ausgesprochen wird (BGE 4A_44/2021).

Die Art und Weise der Kündigung ist ausserdem problematisch, wenn dadurch Persönlichkeitsrechte verletzt werden. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn ein Arbeitnehmer unmittelbar nach Aussprache der Kündigung vor der gesamten Belegschaft vom Arbeitsplatz weggewiesen und freigestellt wird, ohne dass es dafür einen guten Grund gibt (BGE 4A_92/2017).

Entschädigungsanspruch

Die Partei, die das Arbeitsverhältnis missbräuchlich kündigt, muss die Gegenseite entschädigen. Die Höhe der Entschädigung wird vom zuständigen Gericht unter Würdigung aller Umstände festgesetzt, darf aber sechs Monatslöhne nicht überschreiten.

Bei der Entschädigung handelt es sich um eine Art Strafzahlung, weshalb weitergehende Schadenersatzansprüche vorbehalten sind. Ein zusätzlicher Schaden muss jedoch bewiesen werden.

Bei der Festsetzung der Entschädigung werden verschiedene Faktoren berücksichtigt, wie beispielsweise die Schwere des Verschuldens, die Intensität der Persönlichkeitsverletzung, die Dauer des Arbeitsverhältnisses sowie die wirtschaftlichen Folgen der Kündigung.

Verfahren

Wer einen Entschädigungsanspruch wegen missbräuchlicher Kündigung geltend machen will, muss gegen die Kündigung Einsprache erheben. Dies muss vor Ablauf der Kündigungsfrist, also spätestens am letzten Tag des Arbeitsverhältnisses geschehen. Kommt anschliessend keine Einigung über die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zustande, so kann der Entschädigungsanspruch innert 180 Tagen nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses eingeklagt werden. Wird eine dieser Fristen versäumt, gibt es keinen Entschädigungsanspruch mehr.

Grundsätzlich muss diejenige Partei, die eine Entschädigung verlangt, den unzulässigen Kündigungsgrund beweisen. Das Gericht kann die Missbräuchlichkeit jedoch auch bejahen, wenn zwar Zweifel über den tatsächlichen Kündigungsgrund bestehen, der vom Kündigenden angegebene Grund aber als vorgeschoben erscheint.

In diesem Zusammenhang spielt die Begründung der Kündigung eine entscheidende Rolle. Wird bei der Mitteilung der Kündigung keine schriftliche Begründung mitgeliefert, kann eine solche verlangt werden.


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