Wann wird der Plattformbetreiber zum Arbeitgeber? 

Arbeitnehmer ist, wer in die Betriebsorganisation der Arbeitgeberin eingebunden ist, deren Weisungen befolgt und in einem Subordinationsverhältnis zu dieser steht.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts beurteilt sich die Frage, ob im Einzelfall selbständige oder unselbständige Erwerbstätigkeit vorliegt, nicht aufgrund der Rechtsnatur des Vertragsverhältnisses zwischen den Parteien, sondern gestützt auf die wirtschaftlichen Gegebenheiten.

Uber-Fahrer sind laut Bundesgericht nicht selbständig erwerbstätig

Als unselbständig gilt, wer von der Arbeitgeberin in wirtschaftlicher Hinsicht abhängig ist und selbst kein spezifisches Unternehmensrisiko trägt. Diese Abhängigkeit ist gemäss Urteil des Bundesgerichts zum Uber-Fall insbesondere dann zu bejahen, wenn der Dienstleister (hier Uber-Fahrer) einen bestimmten Arbeitsplan einzuhalten hat, über den Stand der Arbeit Bericht erstatten muss und auf die Infrastruktur der Arbeitgeberin angewiesen ist.

Für die Annahme selbständiger Erwerbstätigkeit spricht demgegenüber die gleichzeitige Tätigkeit für mehrere Kunden in eigenem Namen. Massgebend ist dabei nicht die rechtliche Möglichkeit, für mehrere Auftraggeber zu arbeiten, sondern die tatsächliche Auftragslage.

Welche Bedingungen weisen auf unselbständige Erwerbstätigkeit hin?

Wie dem erwähnten Bundesgerichtsurteil zu entnehmen ist, ist für die Beurteilung der Frage, ob Selbständigkeit vorliegt oder nicht, die tatsächliche Ausgestaltung der Zusammenarbeit massgebend.

Selbst wenn in einem Zusammenarbeitsvertrag die typischen Elemente eines Arbeitsvertrages fehlen, ist nicht ausgeschlossen, dass dennoch von unselbständiger Erwerbstätigkeit auszugehen ist.

Beim Uber-Fall wurden beispielsweise die in den Zusammenarbeitsverträgen als Empfehlungen deklarierten Instruktionen als arbeitsrechtliche Weisungen qualifiziert. Nach Ansicht des Gerichts hätten die Uber-Fahrer keine echte Wahl, ob sie die “Empfehlungen” befolgen wollen oder nicht. (dazu auch: Sozialversicherungsgericht qualifiziert Uber-Fahrer als unselbständig).

Weitere wichtige Kriterien sind die Akquisition von Kunden, die Preisfestsetzung sowie die administrative Abwicklung eines Auftrags und insbesondere die Übernahme des Inkasso- und Delkredererisikos.

Werden Kunden ausschliesslich durch den Plattformbetreiber akquiriert und ohne weiteres Zutun des Dienstleisters an diesen weitervermittelt, spricht dies für eine unselbständige Tätigkeit. Ein weiterer Hinweis für Unselbständigkeit liegt vor, wenn der Dienstleister bei der Preisgestaltung keinen oder nur einen sehr eingeschränkten Spielraum hat. Wird schliesslich auch die gesamte administrative Abwicklung eines Auftrags vom Plattformbetreiber übernommen, und erfolgt die Bezahlung des Dienstleisters nach Abzug der eigenen Gebühren durch die Plattform, kann kaum noch von einer selbständigen Erwerbstätigkeit die Rede sein.

Einzelfallprüfung ist entscheidend

Letztlich ist aber immer unter Würdigung der gesamten Umstände des Einzelfalls zu prüfen, welche Form der Erwerbstätigkeit vorliegt.

Weil in der Praxis vielfach Merkmale sowohl der selbständigen als auch der unselbständigen Tätigkeit zum Tragen kommen, ist laut Bundesgericht entscheidend, welche Merkmale im konkreten Fall überwiegen.

Vor diesem Hintergrund ist jedem Betreiber einer Dienstleistungsplattform zu empfehlen, diese Fragen rechtzeitig zu adressieren. Die Zusammenarbeit mit Dienstleistern sollte von Beginn weg so ausgestaltet werden, dass diese nicht nur auf dem Papier, sondern auch tatsächlich von der Plattform weitgehend unabhängig bleiben. Andernfalls besteht das Risiko, dass rückwirkend arbeitsrechtliche Ansprüche entstehen, die sich auf einen relativ grossen Personenkreis erstrecken.


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