Konkurs des Wallet Providers - was geschieht mit verwahrtem Krypto-Vermögen?
Eine wesentliche Eigenschaft kryptobasierter Vermögenswerte, wie Bitcoin, ist die dezentrale Verwaltung, beruhend auf der Blockchain oder Distributed Ledger Technology (DLT). Diese erlaubt es Inhabern kryptobasierter Vermögenswerte, ohne Mitwirkung von Intermediären unmittelbar über die entsprechenden Vermögenswerte zu verfügen. Transaktionen müssen nicht zentralisiert über eine kontoführende Bank ausgeführt werden, sondern erfolgen direkt durch Bestätigung der Netzwerk-Teilnehmer.
Gewahrsam als entscheidender Faktor im Konkurs
Der Zugriff auf kryptobasierte Vermögenswerte erfolgt über einen kryptographischen Zugangsschlüssel (Private Key).
Die sichere Aufbewahrung von Private Keys ist somit essentiell im Umgang mit Krypto-Vermögen. Der Verlust des Private Key führt faktisch zum Verlust der Vermögenswerte.
Aus diesem Grund verlassen sich viele Nutzer auf professionelle Verwahrungsstellen (Wallet Provider), in der Annahme, dass ihr Vermögen dadurch besser geschützt ist. Dies bringt jedoch auch gewisse Risiken mit sich. Spätestens in einem Konkursverfahren stellt sich nämlich die Frage, wem die vom Wallet Provider verwahrten Vermögenswerte eigentlich gehören.
Mit Konkurseröffnung fällt sämtliches Vermögen des konkursiten Schuldners in eine einzige Masse (Konkursmasse), die zur gemeinsamen Befriedigung der Konkursgläubiger dient. Dabei spielt es keine Rolle, wo sich die Vermögenswerte befinden, solange sie zum Eigentum des konkursiten Schuldners gehören. Bei beweglichen Sachen wird eine Eigentumsvermutung durch den Besitz begründet. So werden beispielsweise Geräte oder Fahrzeuge, die sich in den Räumlichkeiten des Schuldners befinden, grundsätzlich der Konkursmasse zugeordnet.
Macht ein Dritter geltend, dass eine Sache, die sich im Gewahrsam des Schuldners befindet, tatsächlich ihm gehört, so muss er sein besseres Recht in einem dafür vorgesehenen Verfahren durchsetzen (Aussonderungsklage gem. Art. 242 SchKG). Analog erfolgt die Zuordnung kryptobasierter Vermögenswerte.
Wird ein Konkursverfahren über einen Crypto-Wallet Provider eröffnet, stellt sich auch hier in erster Linie die Frage, welche Vermögenswerte dem konkursiten Schuldner zugeordnet werden und damit in die Konkursmasse fallen, und welche Vermögenswerte an besser berechtigte Dritte herauszugeben sind. In Bezug auf kryptobasierte Vermögenswerte ist die tatsächliche Verfügungsmacht in Form des Private Key entscheidend.
Unproblematisch ist die Situation, wenn die Private Keys nur den Kunden des Wallet Providers bekannt sind, und nur diese unmittelbar über die Krypto-Tokens verfügen und Transaktionen auf der Blockchain veranlassen können. In diesem Fall liegt keine Fremdverwahrung vor und das Krypto-Vermögen fällt nicht in die Konkursmasse. Gleiches gilt bei sogenannten Multi-Signature-Wallets, bei denen der konkursite Wallet Provider zumindest nicht alleine über die kryptobasierten Vermögenswerte verfügen kann.
Aussonderung aus der Konkursmasse
Wenn nun aber Kunden des Wallet Providers keinen eigenen Zugriff auf ihr Krypto-Vermögen haben und der konkursite Wallet Provider über sämtliche Schlüssel verfügt, um auf die Vermögenswerte zuzugreifen, fallen die entsprechenden Vermögenswerte grundsätzliche in die Konkursmasse und müssen über ein Aussonderungsverfahren vom allenfalls besser berechtigen Kunden heraus verlangt werden.
Eine entsprechende gesetzliche Regelung trat am 1. August 2021 in Kraft (Art. 242a SchKG). Danach ist eine Aussonderung fremdverwahrter kryptobasierter Vermögenswerte unter zwei Voraussetzungen möglich.
Einerseits muss der konkursite Verwahrer sich gegenüber dem Kunden verpflichtet haben, die kryptobasierten Vermögenswerte jederzeit für ihn bereitzuhalten. Dem Verwahrer muss es also vertraglich untersagt sein, Eigengeschäfte mit den hinterlegten Vermögenswerten zu tätigen.
Zudem müssen die hinterlegten Vermögenswerte dem jeweiligen Kunden individuell oder zumindest einer bestimmten Gemeinschaft zugeordnet werden können und es muss im letzteren Fall klar sein, welcher Anteil am Gemeinschaftsvermögen dem einzelnen Kunden zusteht.
Berechtigte müssen ihre Aussonderungsansprüche gegenüber der zuständigen Konkursverwaltung geltend machen. Zu beachten ist, dass die Kosten für die Herausgabe der Vermögenswerte vom Berechtigten und nicht von der Konkursmasse zu tragen sind. Hält die Konkursverwaltung einen Anspruch für unbegründet, muss dieser im Rahmen eines Gerichtsverfahrens durchgesetzt werden.