Die virtuelle Generalversammlung wird zur rechtlichen Realität

Mit der im Juni 2020 beschlossenen Aktienrechtsrevision wurde die virtuelle Generalversammlung ins Gesetz aufgenommen. Während der Corona-Pandemie konnte die Digitalisierung von Versammlungen gestützt auf Covid-19 Sonderrecht bereits geübt werden. Entsprechende Anpassungen im Aktienrecht werden aber voraussichtlich frühestens 2022 in Kraft treten.

Durchführung der Generalversammlung wird flexibler

Das revidierte Recht sieht vor, dass eine Generalversammlung an verschiedenen Tagungsorten im In- und Ausland durchgeführt werden kann. Voraussetzung ist, dass die Voten der Teilnehmer unmittelbar in Bild und Ton an sämtliche Tagungsorte übertragen werden. Auch die Stimmabgabe auf elektronischem Weg für einzelne Aktionäre, die nicht an einer GV teilnehmen können, ist zulässig.

Als weitere Variante ist nach dem neuen Gesetz die virtuelle Generalversammlung ohne physischen Tagungsort möglich, soweit dies in den Gesellschaftsstatuten vorgesehen ist.

Auch Beschlüsse, die öffentlich beurkundet werden müssen, können grundsätzlich per Video-Konferenz gefasst werden. Dazu gehören Gründungen, Kapitalerhöhungen oder andere Statutenänderungen.

Das Gesetz regelt keine Details zu den zulässigen technischen Hilfsmitteln, sondern gibt nur die Rahmenbedingungen vor. Bei der virtuellen GV muss der Verwaltungsrat die Identität der Teilnehmer feststellen. Ausserdem muss allen Aktionären eine aktive Teilnahme ermöglicht werden, sodass sie ihre Meinung gestützt auf die Voten des Verwaltungsrats und der anderen Aktionäre bilden und ihre Stimme entsprechend abgeben können. Verhindern technische Probleme eine ordnungsgemässe Durchführung, muss die GV wiederholt werden. Vor Auftreten der Probleme gefasste Beschlüsse bleiben aber gültig.

Unter Berücksichtigung statutarischer Vorgaben entscheidet der Verwaltungsrat, ob und wie er eine Generalversammlung mit mehreren Tagungsorten oder virtuell durchführt.

Die Wahl eines Tagungsortes oder der technischen Hilfsmittel darf aber nicht dazu führen, dass das Teilnahmerecht der Aktionäre ohne sachlichen Grund eingeschränkt wird. Dies ist beispielsweise bei einem ausländischen Tagungsort zu beachten. Bei der Wahl der elektronischen Hilfsmittel ist von einem durchschnittlich technisch versierten Aktionär auszugehen.

Geschäfts- und Revisionsberichte können den Aktionären künftig ebenfalls in digitaler Form zur Verfügung gestellt werden und müssen nicht mehr physisch aufgelegt oder zugestellt werden. Dadurch wird die Vorbereitung der ordentlichen Generalversammlung weiter erleichtert.

Aktionäre können auf dem Zirkularweg beschliessen

Viele Statuten sehen bereits vor, dass der Verwaltungsrat ausserhalb von Sitzungen Beschlüsse auch schriftlich fassen kann. Mit der Aktienrechtsrevision wird der schriftliche Beschluss auch für die Generalversammlung eingeführt. Dies bringt vor allem für Gesellschaften mit wenigen Aktionären mehr Flexibilität.

Die schriftliche Stimmabgabe erfolgt dabei auf Papier oder in elektronischer Form. Jedem Aktionär bleibt es aber vorbehalten, eine mündliche Beratung zu verlangen.

Sofern ein schriftlicher Beschluss nicht einstimmig gefasst wird, hat der Verwaltungsrat festzustellen, dass sämtliche Aktionäre mit der Form der Beschlussfassung einverstanden sind. Ansonsten besteht das Risiko, dass Beschlüsse wegen Formmängeln angefochten werden. Denn die schriftliche Beschlussfassung ist eine besondere Form der Universalversammlung, die ohne formelle Einberufung durchgeführt werden kann. Die Aktionäre sollten zudem vor jeder schriftlichen Beschlussfassung darauf hingewiesen werden, dass sie das Recht haben, eine mündliche Beratung zu verlangen.


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