Sozialversicherungsgericht qualifiziert Uber-Fahrer als unselbständig

In einer Reihe von Entscheiden vom 20. Dezember 2021 hat das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich mit Bezug auf die Situation im Jahr 2014 festgestellt, dass die Tätigkeit von Uber-Fahrern als unselbständige Erwerbstätigkeit zu qualifizieren ist.

Uber hingegen sieht sich als blosse Mittlerin zwischen Fahrgast und Chauffeur, da Uber-Fahrer selbst entscheiden könnten, ob und wann sie Fahrten anbieten. Aus diesem Grund hätten sie auch keinen Anspruch auf Sozialversicherungsbeiträge oder Ferienkompensationen.

Gemäss Rechtsprechung beurteilt sich die Frage, ob im Einzelfall selbständige oder unselbständige Erwerbstätigkeit vorliegt, nicht aufgrund des Vertragsverhältnisses zwischen den beteiligten Parteien, sondern der wirtschaftlichen Gegebenheiten. Die zivilrechtlichen Verhältnisse geben Anhaltspunkte für die sozialversicherungsrechtliche Qualifikation, sind aber nicht ausschlaggebend.

Als unselbständig erwerbstätig ist zu betrachten, wer arbeitsorganisatorisch von der Arbeitgeberin abhängig ist und kein Unternehmensrisiko trägt. Ob diese Voraussetzungen erfüllt sind, hängt von den konkreten Umständen des Einzelfalls ab.

Selbständig erwerbstätig ist, wer durch Einsatz von Arbeit und Kapital in frei bestimmter Selbstorganisation und nach aussen sichtbar am wirtschaftlichen Verkehr teilnimmt. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts sind erhebliche Investitionen, eigene Geschäftsräumlichkeiten und die Beschäftigung von Personal charakteristische Merkmale einer selbständigen Erwerbstätigkeit. Zudem spricht das Tätigwerden für mehrere Kunden im eigenen Namen für eine selbständige Tätigkeit. Massgebend ist dabei, ob jemand tatsächlich für mehrere Kunden arbeitet, und nicht, ob dies (mangels Konkurrenzverbot) rechtlich zulässig wäre.

Von unselbständiger Erwerbstätigkeit ist auszugehen, wenn die für den Arbeitsvertrag typischen Merkmale vorliegen und Arbeitsleistende in den Betrieb der Arbeitgeberin eingebettet sind. Indizien dafür sind das Arbeiten nach Arbeitsplan, die Pflicht über die geleistete Arbeit Bericht zu erstatten und die Nutzung der Infrastruktur der Arbeitgeberin.

Zentral ist die Frage, ob Arbeitsleistende zum Unternehmen in einem sogenannten Subordinationsverhältnis stehen und ob gegenüber Arbeitsleistenden ein Weisungsrecht besteht.

Im Fall von Uber ist bzw. war es zum massgebenden Zeitpunkt so, dass die relevanten Verträge zwar keine besonderen Abschnitte mit den Titeln “Weisungsrecht” und “Stellung im Unternehmen” aufweisen, sondern vielmehr die Unabhängigkeit der Fahrer betonen. Nach Ansicht des Sozialversicherungsgerichts weisen einzelne Bestimmungen bei genauerer Betrachtung aber in eine andere Richtung. Uber arbeite gegenüber den Fahrern zwar mit blossen “Empfehlungen”, diese würden aber mit Hilfe von Kontroll- und Bewertungsmechanismen unter Einbezug der Fahrgäste gegenüber den Fahrern wie Weisungen durchgesetzt.

Auch wenn das Gericht eingesteht, dass im vorliegenden Fall einige Kriterien für eine unselbständige Tätigkeit (z.B. Konkurrenzverbot oder Präsenzpflicht) nicht erfüllt seien, würden das ausgeprägte Subordinationsverhältnis und die vertraglich kaschierten Weisungsbefugnisse überwiegen. Ausserdem stünden die Fahrer aufgrund der konkreten Verhältnisse zu Uber in einem wirtschaftlichen als auch rechtlichen Abhängigkeitsverhältnis, weshalb sie insgesamt als unselbständige Arbeitnehmer zu qualifizieren seien.

Eine Klärung durch das Bundesgericht steht noch aus, ebenso eine klare Leitlinie, wie Uber und vergleichbare Plattformbetreiber ihre Geschäftsmodelle ausgestalten können, ohne aus sozialversicherungsrechtlicher Perspektive als Arbeitgeber qualifiziert zu werden.


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