Smart Contracts und gesetzliche Formvorschriften
Als Smart Contracts werden Computerprotokolle bezeichnet, die vertragliche Leistungen zwischen zwei oder mehreren Parteien ohne deren Zutun unmittelbar erfüllen. Smart Contracts sollen die Rechtssicherheit erhöhen und die Transaktionskosten senken. Die Blockchain-Technologie stellt sicher, dass die vereinbarten Bedingungen unveränderlich sind und der Vollzug automatisch erfolgt.
Smarte Vertragserfüllung
Smart Contracts sind besonders geeignet für standardisierte Transaktionen zwischen beliebigen Vertragspartnern. Soweit die Erfüllung der geschuldeten Leistungen vollständig elektronisch erfolgt, ist der Smart Contract eine effiziente Lösung für den reibungslosen Vertragsvollzug. Dies ist beispielsweise beim Erwerb digitaler Vermögenswerte oder Nutzungsrechte gegen Bezahlung in Kryptowährungen der Fall.
Sobald Bezugspunkte zur analogen Welt bestehen oder Transaktionen komplexer werden, stösst die Automatisierung aber an ihre Grenzen.
Wo der Smart Contract keine vollständige, automatische Vertragsabwicklung garantieren kann, müssen die Vertragsparteien bei Leistungsstörungen auf das Gesetz zurückgreifen können.
Ein Beispiel ist gelieferte und bezahlte Ware, die sich nachträglich als mangelhaft herausstellt. Das Gesetz sieht verschiedene Rechte vor, um unerfüllte Verträge durchzusetzen. Das geht von der kostenlosen Nachlieferung oder Nachbesserung bis zum Vertragsrücktritt und der Rückabwicklung bereits erfolgter Leistungen.
Gesetzliche Rechtsbehelfe zur Vertragsdurchsetzung stehen aber nur dann zur Verfügung, wenn auch tatsächlich ein rechtlich gültiger Vertrag vorliegt. Ob ein Smart Contract den gesetzlichen Gültigkeitsanforderungen standhält, hängt vom Inhalt und der Form des Vereinbarten ab.
Gültiger Vertrag nach geltendem Gesetz
Ein Vertrag entsteht durch Angebot und Annahme übereinstimmender gegenseitiger Willensäusserungen, die die wesentlichen Vertragspunkte enthalten. Verträge können auch per Mausklick oder durch einen sog. elektronischen Softwareagent abgeschlossen werden.
Normalerweise sind Verträge auch ohne Einhaltung einer besonderen Form gültig. Für einzelne Rechtsgeschäfte sieht das Obligationenrecht aber die Schriftlichkeit vor (z.B. für die Abtretung von Forderungen gemäss Art. 165 OR).
Die schriftliche Form ist erfüllt, wenn eigenhändig unterschrieben wird. Alternativ erlaubt das Gesetz die elektronische Signatur gemäss Bundesgesetz über die elektronische Signatur. Diese muss auf einem qualifizierten Zertifikat einer anerkannten Anbieterin von Zertifizierungsdiensten beruhen. Bis heute sind in der Schweiz folgende Anbieter von E-Signaturen zugelassen: Swisscom (Schweiz) AG, QuoVadis Trustlink Schweiz AG, SwissSign AG und das Bundesamt für Informatik und Telekommunikation BIT.
Nach dem aktuellen Stand der Blockchain-Technologie sowie den verfügbaren E-Signaturen können “schriftliche” Verträge somit grundsätzlich auch als Smart Contracts abgeschlossen werden.
Soweit das Gesetz erhöhte formelle Anforderungen stellt (z.B. die eigenhändige Schriftlichkeit einer Erklärung) oder gar eine öffentliche Beurkundung vorschreibt, steht dies einem rein digitalen Vertragsabschluss aber entgegen. Dies ist beispielsweise bei der Bürgschaft, beim Grundstückkauf oder bei erbrechtlichen Verträgen der Fall.
Schriftlichkeit für effiziente Vollstreckung
Auch im Hinblick auf die effiziente Vollstreckung nicht erfüllter Forderungen sind gewisse Formvorschriften zu beachten.
Abgesehen von allgemeinen beweisrechtlichen Überlegungen, kann eine schriftliche Schuldanerkennung die Durchsetzung einer Forderung im Schuldbetreibungs- und Konkursverfahren erheblich beschleunigen.
Sie besteht aus einer schriftlichen Erklärung des Schuldners, wonach er sich zur Bezahlung eines bestimmten Geldbetrages verpflichtet (Rechtsöffnungstitel). Als Schuldanerkennung können verschiedene Verträge dienen, wie etwa Kauf-, Dienst-, Darlehens- oder Versicherungsverträge.
Selbst wenn die Schriftlichkeit für den gültigen Vertragsschluss nicht notwendig ist, kann es sich vor dem Hintergrund eines möglichen Zahlungsausfalls dennoch lohnen, die Form der Schriftlichkeit einzuhalten bzw. einen Smart Contract mit einer E-Signatur zu versehen.