Genehmigte Kapitalerhöhung: Welche Rechte haben Minderheitsaktionäre?
Mit der genehmigten Kapitalerhöhung ermächtigt die Generalversammlung den Verwaltungsrat innert einer Frist von höchstens zwei Jahren das Kapital bis zu einem Maximalbetrag zu erhöhen. Dabei kann der Verwaltungsrat die Erhöhung zu einem beliebigen Zeitpunkt oder in mehreren Tranchen durchführen, ohne dass weitere GV-Beschlüsse erforderlich sind. Dies im Unterschied zur weniger flexiblen ordentlichen Kapitalerhöhung, bei der die Aktionäre Zeitpunkt und Umfang der Kapitalerhöhung festlegen.
Flexibilisierung durch revidiertes Aktienrecht
Die aktuellen Bestimmungen zur genehmigten Kapitalerhöhung (Art. 651 f. OR) werden durch das revidierte Aktienrecht aufgehoben und durch die flexibleren Bestimmungen zum Kapitalband (Art. 653s ff. revOR) ersetzt. Danach kann die Generalversammlung den Verwaltungsrat ermächtigen, während maximal fünf Jahren das Aktienkapital innerhalb einer festgelegten Bandbreite nach oben oder nach unten zu verändern. Mit dem Kapitalband werden Kapitalveränderungen flexibler und der Spielraum des Verwaltungsrates grösser. Die Gesetzesänderung wird voraussichtlich 2023 in Kraft treten.
Bezugsrecht der bisherigen Aktionäre
Bei der Ausgabe neuer Aktien hat grundsätzlich jeder Aktionär Anspruch auf den Erhalt seiner Beteiligungsquote.
Das heisst, jeder Aktionär ist berechtigt, im Verhältnis seines bisherigen Anteils neue Aktien zu zeichnen. Erfolgt eine Kapitalerhöhung aber zum Beispiel im Rahmen einer Unternehmensübernahme, einer Fusion oder aufgrund eines Mitarbeiterbeteiligungsprogramms, kann das Bezugsrecht eingeschränkt oder aufgehoben werden. Laut Gesetz darf das Bezugsrecht auch aus anderen wichtigen Gründen aufgehoben werden, solange niemand in unsachlicher Weise begünstigt oder benachteiligt wird.
Dem Beschluss über die genehmigte Kapitalerhöhung sowie Aufhebung des Bezugsrechts müssen mindestens zwei Drittel der vertretenen Aktionäre sowie die absolute Mehrheit des vertretenen Aktienkapitals zustimmen, sofern nicht die Statuten höhere Quoren vorsehen.
Der Entscheid über die effektive Einschränkung oder Aufhebung des Bezugsrechts kann an den Verwaltungsrat delegiert werden. Dabei hat die Generalversammlung aber zumindest die wichtigsten Gründe zu umschreiben, die eine Einschränkung der Bezugsrechte rechtfertigen.
Anfechtung von Beschlüssen durch Minderheitsaktionäre
Minderheitsaktionäre, die einem Kapitalerhöhungsbeschluss der Generalversammlung nicht zugestimmt haben, können diesen innerhalb von zwei Monaten anfechten, sofern ihre Bezugsrechte dadurch verletzt werden. Besonders schwerwiegende Rechtsverletzungen machen einen Beschluss nichtig und von vornherein ungültig, was auch ohne Einhaltung der Anfechtungsfrist jederzeit gerichtlich festgestellt werden kann.
Eine zu weitgehende Ermächtigung des Verwaltungsrats kann einen GV-Beschluss anfechtbar machen. Unzulässig wäre es beispielsweise, wenn der Verwaltungsrat frei und ohne Vorgabe wichtiger Gründe über die Einschränkung der Bezugsrechte entscheiden könnte.
Nicht geschützt sind Minderheitsaktionäre allerdings davor, dass sie bei Kapitalerhöhungen nicht mitziehen können, weil sie schlicht nicht über das notwendige Kapital verfügen. Die Festsetzung des Ausgabepreises wird bei der genehmigten Kapitalerhöhung regelmässig an den Verwaltungsrat delegiert und das Bezugsrecht räumt nur das Recht ein, die entsprechenden Aktien zum vorgesehenen Preis zu zeichnen. Ein allzu hoher Preis, der sachlich nicht gerechtfertigt ist und einzig den Ausschluss bisheriger Aktionäre bezweckt, wäre hingegen unzulässig. Ebenso wenig darf ein zu niedriger Ausgabepreis unter Aufhebung des Bezugsrechts zu einer unsachlichen Benachteiligung bisheriger Aktionäre führen.